Dichtheitsprüfung privater Abwasserleitungen

Aktuelles Urteil:
Das Verwaltungsgericht Göttingen hat mit Urteil vom 11.1.2023 (Az. 3 A 86/20) eine Duldungsverfügung der abwasserbeseitigungspflichtigen Stadt gegen einen Grundstückseigentümer für rechtmäßig erklärt, wonach die abwasserbeseitigungspflichtige Stadt die Funktionstüchtigkeit der privaten Abwasserleitungen auf dem privaten Grundstück untersuchen kann. Eine solche Duldungsverfügung habe einen unmittelbaren Bezug zur Benutzung der öffentlichen Abwasserentsorgungseinrichtung. Die Dichtheit einer privaten Anschlussleitung sei ein wichtiges Kriterium. Mängel bei der Dichtheit könnten vor allem dadurch zur Beeinträchtigung des kommunalen (öffentlichen) Abwasserbeseitigungssystems führen, dass Fremdwasser bei hohem Grundwasserstand in die öffentliche Kanalisation und die Kläranlage gelangt und deren Funktionstüchtigkeit beeinträchtigt (vgl. auch OVG Niedersachsen, Urteil vom 10.1.2012 – 9 KN 162/10).



1. Alle Abwasserleitungen müssen dicht sein
Am 1.3.2010 ist das neue Wasserhaushaltsgesetz des Bundes (WHG) vom 31.7.2009 (BGBl. 2009 I, S. 2585) in Kraft getreten. Nach § 60 Abs. 1 WHG besteht grundsätzlich für Jedermann die Verpflichtung, seine Abwasseranlagen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik herzustellen, zu betreiben und zu unterhalten. Das bedeutet nichts anderes, als dass jede Abwasserleitung absolut dicht sein muss, natürlich auch die Abwasserleitungen auf privaten Grundstücken. Entsprechen vorhandene Abwasseranlagen nicht diesen Anforderungen, müssen sie nach § 60 Abs. 2 WHG erneuert oder repariert werden.

In Deutschland sind rund 1,5 Mio. Kilometer private Abwasserleitungen verlegt. Das sind Leitungen unter dem Gebäude und zwischen Gebäude und öffentlichem Abwasserkanal. Angeblich sollen ca. 40 % dieser Leitungen undicht sein. Über eine undichte Abwasserleitung kann Schmutzwasser versickern und Boden oder Grundwasser verunreinigen. Umgekehrt kann aber auch Grundwasser in die Abwasserleitung eindringen (so genanntes Fremdwasser), das im öffentlichen Abwassersystem unerwünscht ist, weil es in der Kläranlage teuer gereinigt werden muss.


2. Welche Vorschriften gelten für die Dichtheitsprüfung von Abwasserleitungen?

Auf vielen Internetseiten, aber auch in den Medien, wurde jahrelang die Meldung verbreitet, dass alle privaten Abwasserleitungen bis spätestens 31.12.2015 auf Dichtheit zu prüfen seien. Zwar ist dieser Termin inzwischen verstrichen, trotzdem sind viele Hauseigentümer verunsichert, obwohl die Falschmeldungen im Internet inzwischen verschwunden sind.


Richtig ist: Private Abwasserleitungen muss man nur dann auf Dichtheit prüfen lassen, wenn es dafür eine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift gibt. Ansonsten besteht für den Grundstückseigentümer keine Veranlassung für eine derartige Überprüfung. Unterscheiden muss man dabei nach bundes- und landesrechtlichen Vorschriften.


2.1 Keine Prüfpflicht nach bundesrechtlichem WHG

Der neue § 61 Abs. 2 WHG hat eine so genannte Eigenüberwachungspflicht eingeführt. Danach hat jeder, der eine Abwasseranlage betreibt, deren Zustand selbst zu überwachen. Abwasseranlage im Sinne des Gesetzes ist auch jede Entwässerungsleitung auf einem Privatgrundstück. Damit ist jeder Eigentümer eines Grundstücks verpflichtet, eine dichte Abwasserleitungen zu betreiben. Dies gilt in ganz Deutschland. Allerdings ergeben sich aus § 61 Abs. 2 WHG keine Einzelheiten für eine Dichtheitsprüfung. Hierzu muss der Bund erst noch eine ausdrückliche Rechtsverordnung nach § 61 Abs. 3 WHG erlassen. Nachdem diese Rechtsverordnung (Stand August 2020) noch nicht erlassen ist, muss man hinsichtlich der Dichtheitsprüfung (aufgrund des WHG) auch nichts unternehmen. Ob eine derartige Bundes-Rechtsverordnung überhaupt erlassen werden wird, ist nicht absehbar. Nach Verlautbarungen aus dem Bundesumweltministerium wird dort keine Notwendigkeit für die Einführung einer derartigen bundesrechtlichen Dichtheitsprüfung gesehen. Solange gelten die Vorschriften in den Landeswassergesetzen aller 16 Bundesländer weiter (Gesetzesbegründung zum WHG, Bundestags-Drucksache 16/12275, S. 70).


2.2 Die Eigenüberwachungsverordnung gilt nicht für Privatkanäle

Fast alle Bundesländer haben eine Eigenüberwachungsverordnung erlassen, die jedoch nur die Prüfung der öffentlichen Abwasseranlagen regelt. Private Abwasserleitungen sind davon nicht betroffen. Insbesondere ergibt sich daraus keine Prüfpflicht bis 31.12.2015 für private Abwasseranlagen. Das hat beispielsweise das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft ausdrücklich klargestellt, nachzulesen hier...


2.3 Eine EU-Richtlinie zur Dichtheitsprüfung gibt es nicht

Es gibt keine EU-Richtlinie, wonach alle privaten Abwasserleitungen bis zum Jahre 2015 und danach alle 20 Jahre einer Dichtheitsprüfung unterliegen. Die immer wieder zitierte EU-Richtlinie 91/271/EWG (ABl. L 135 v. 30.5.1991) gilt nur für die öffentliche Abwasserbeseitigung, nicht aber für private Abwasserleitungen. Zudem ist eine EU-Richtlinie kein unmittelbar geltendes Gesetz gegenüber den Bürgern, sondern gilt nur für den nationalen Gesetzgeber, der sie wiederum durch ein Gesetz umsetzen muss.


2.4 Aus einer DIN-Norm ergibt sich keine gesetzliche Pflicht

Was auch immer wieder fälschlicherweise behauptet wird: Grundlage für die Dichtheitsprüfung sei die unmittelbar anzuwendende DIN 1986-30:2003-02. Das stimmt aber nicht. Eine DIN-Norm ist weder ein Gesetz noch hat sie Gesetzeskraft (BGH, Urteile v. 6.6.1991 – I ZR 234/89, NJW-RR 1991, 1445 und v. 2.3.2010 – VI ZR 223/09, GuT 2010, 115; BVerwG, Beschluss v. 30.9.1996 – 4 B 175/96, BauR 1997, 290 = DÖV 1997, 303). Vielmehr handelt es sich um eine Industrienorm des Deutschen Instituts für Normen e.V., also eines privaten Vereins, die „unter Mitwirkung interessierter Kreise” (Kanalbranche) zustande kam. Man kann auch sagen, dass sie den Zweck einer bestimmten Einflussnahme auf das Marktgeschehen hat. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bezeichnet eine DIN-Norm lediglich als Ergebnis einer in privater Hand befindlichen technischen Normung, die mangels demokratischer Legitimation und in der Regel auch fehlender freier Zugänglichkeit der Normungsergebnisse keine Verbindlichkeit beanspruchen kann. Sie stellt keine Rechtsvorschrift dar, weil das Deutsche Institut für Normung keine Rechtssetzungsbefugnisse hat (BayVGH, Urteil v. 3.11.2014 – 4 N 12.2074, BayVBl 2015, 455).


Nach § 60 Abs. 1 WHG sind private Abwasserleitungen nach dem Stand der Technik herzustellen, zu betreiben und zu unterhalten. Der Stand der Technik kann sich aus einer DIN-Norm ergeben. Die DIN 1986-30 ist rechtlich gesehen nur eine technische Empfehlung ohne Rechtsverbindlichkeit (BGH, Urteil v. 14.5.1998 – VII ZR 184/97, NJW 1998, 2814). Vor allem ist die in der DIN 1986-30 enthaltene Frist zur Dichtheitsprüfung bis 31.12.2015 keine gesetzliche Pflicht, weil eine DIN-Norm (technisches Regelwerk eines privaten Vereins) keine gesetzlichen Fristen setzen kann. Derartige Untersuchungen mit terminlichen Regelungen zu treffen ist allein Sache des Gesetzgebers, weshalb die DIN 1986-30 mit der darin genannten Frist für den Bürger überhaupt keine unmittelbare Geltung hat (BGH, Urteil v. 14.5.1998 – VII ZR 184/97, NJW 1998, 2814). Verbindlich werden Normen nur dann, wenn in Gesetzen oder Verordnungen auf sie Bezug genommen und ihre Anwendung ausdrücklich festgelegt wird (BVerfG, Beschluss v. 29.7.1998 – 1 BvR 1143/90, NJW 1999, 414).


Hinzu kommt ein Weiteres: Die o.g. Frist 31.12.2015 ist in der DIN 1986-30 mit Stand Februar 2003 erwähnt. Diese wurde durch die neue DIN 1986-30 mit Stand Februar 2012 ersetzt. In dieser neuen Norm wurde die Frist für die Erstprüfung vorhandener Grundleistungen bis zum 31.12.2015 gestrichen und stattdessen eine Zeitspannenregelung formuliert. Aber auch diese Zeitspannenregelung erzeugt für den privaten Grundstückseigentümer keinerlei Rechtswirkung, solange sie nicht in einer nationalen Rechtsvorschrift als verbindlich festgesetzt wird. Das bedeutet unmissverständlich: Aus einer DIN-Norm ergeben sich für niemand irgendwelche Rechtspflichten hinsichtlich der Dichtheitsprüfung. Wer das Gegenteil behauptet, macht dies wider besseren Wissens.


3. Landesrechtliche Vorschriften zur Dichtheitsprüfung für Abwasserleitungen mit häuslichem Abwasser

3.1 Pflicht nur in wenigen Bundesländern

Eine Pflicht zur Dichtheitsprüfung von privaten Abwasserleitungen besteht nur dann, wenn es dazu eine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift gibt. Bisher haben erst vier Bundesländer eine solche Vorschrift erlassen, nämlich Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Schleswig-Holstein. Die in Hessen im Jahr 2010 eingeführte Prüfpflicht wurde schon 2012 wieder abgeschafft. Alle anderen Bundesländer sehen derzeit keine Notwendigkeit für die Einführung einer derartigen Dichtheitsprüfung (z.B. Pressemitteilung des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz Nr. 27/2009 v. 25.3.2009). In Hessen hat eine Arbeitsgruppe „EKVO/Kontrollpflicht der Kommunen über private Abwasserzuleitungskanäle“ die Dichtheitsprüfung diskutiert; deren Abschlussbericht vom 20.1.2017 das Hessische Ministerium des Innern und Sport hier ...zur Einsicht auflegt.


3.2 Baden-Württemberg hat die Prüfpflicht zwar eingeführt, aber mit großzügigen Ausnahmen

Seit 1.1.2014 gilt das neue Wassergesetz (WG) vom 3.12.2013 (GBl. S. 389, zuletzt geändert am 23.2.2017 (GBl. S. 99, 106). Gemäß § 51 WG müssen Eigentümer die Abwasserleitungen auf ihrem Grundstück auf eigene Kosten durch fachkundige Personen überprüfen lassen. Einzelheiten dazu ergeben sich aus der Eigenkontrollverordnung i.d.F. vom 3.12.2013. Allerdings sind nach dessen § 1 Abwasseranlagen für häusliches Abwasser mit einem täglichen Anfall von unter 8 m3 und Hausanschlüsse nicht prüfpflichtig. Der private Hauseigentümer hat daher nichts zu veranlassen.


3.3 Ursprüngliche Prüfpflicht in Nordrhein-Westfalen wieder abgeschafft

Nordrhein-Westfalen hatte die landesweite Dichtheitsprüfung ursprünglich zu Beginn des Jahres 2008 eingeführt und Einzelheiten im seinerzeitigen § 61a Absätze 3 und 4 LWG NRW geregelt. Heftige Bürgerproteste haben aber zu einem Umdenken geführt. Mit dem Gesetz zur Änderung des Landeswassergesetzes vom 5.3.2013, das am 16.3.2013 in Kraft getreten ist (GV. NRW. 2013, S. 133), wurde § 61a LWG NRW (Dichtheitsprüfungen bei privaten Abwasserleitungen) wieder aufgehoben. Auf der Grundlage des geänderten § 61 Abs. 2 LWG NRW wurde eine neue Landes-Rechtsverordnung über die Überwachung von öffentlichen und privaten Abwasseranlagen erlassen. Diese neue Verordnung zur Selbstüberwachung von Abwasseranlagen (Selbstüberwachungsverordnung Abwasser – SüwVO Abw NRW 2013, Vorlage 16/1131, LT-Ds 16/4174) ist am 9.11.2013 in Kraft getreten (GV. NRW. 2013, S. 602 ).


Das LWG NRW wurde am 8.7.2016 neu gefasst (GV. NRW. 2016, 559) Gleichzeitig wurde auch die auf § 59 LWG NRW 2016 beruhende SüwVO Abw geändert (GV. NRW. 2016, 559). Für die Prüfung privater Abwasserleitungen gilt danach:

Mit einer weiteren Änderung der SüwVO Abw mit Wirkung vom 16.7.2020 (GV.NRW 2020, 729) wurde die seitherige Prüfpflicht privater Abwasserleitungen in Wasserschutzgebieten ersatzlos gestrichen. Das bedeutet: Private Abwasserleitungen für häusliches Abwasser unterliegen in Nordrhein-Westfalen keiner Prüfpflicht aufgrund einer Landesvorschrift.


Unabhängig hiervon kann die Gemeinde nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 LWG NRW durch Satzung festlegen, ob und innerhalb welcher Frist eine Bescheinigung über das Ergebnis einer Funktionsprüfung vorzulegen ist. Allerdings kann eine Gemeinde keine Anordnung zur Durchführung der Zustands- und Funktionsprüfung einer privaten Abwasserleitung erlassen. Das ist alleine der unteren Wasserbehörde vorbehalten (VG Minden, Urteil vom 5.7.2018 – 9 K 4119/17).


3.4 Prüfpflicht in Hamburg

Aufgrund von § 15 Abs. 2 des Hamburgischen Abwassergesetzes (HmbAbwG) i.d.F. v. 24.7.2001 (HmbGVBl. S. 258) wurde die DIN 1986-30 als Technische Betriebsbestimmung für Grundstücksentwässerungsanlagen eingeführt (Aktualisierte Bekanntmachung der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt v. 27.11.2008, Amtl. Anz. 2008, S. 2507). Nach dieser Technischen Betriebsbestimmung sollten alle bestehenden privaten Abwasserleitungen bis spätestens 31.12.2015 erstmals auf Dichtheit geprüft werden.


Nachdem die frühere DIN 1986-30:2003-02 nicht mehr gilt, wurde in Hamburg die neue Norm DIN 1986-30 Ausgabe Februar 2012 am 10.6.2014 (Amtl. Anz. 2014 Nr. 45 S. 1053) als Technische Betriebsbestimmung für Entwässerungsanlagen eingeführt (§ 15 Absatz 2 Hamburgisches Abwassergesetz) und ersetzt die am 5.12.2008 bekannt gemachte DIN 1986-30 Ausgabe Februar 2003 als Technische Betriebsbestimmung. Diese Technische Betriebsbestimmung ist damit verbindlich anzuwenden. In der Bekanntmachung wurden einige Regelungen der DIN 1986-30:2012-2 ausgenommen und zum Teil durch modifizierte Regelungen ersetzt. Dies gilt insbesondere für die Nachweisfristen für die ersten und wiederkehrenden Dichtheitsnachweise und die anzuwendenden Prüfarten für die Grundstücksentwässerungsanlagen. (Nähere Erläuterungen siehe hier...)


Informationen zu Untersuchungs- und Sanierungsverfahren und die Adressen anerkannter Fachbetriebe erhält man bei folgenden Stellen:

- ÜWG - Überwachungsgemeinschaft Technische Anlagen der SHK Handwerke e.V., Landesstelle Hamburg, 22081 Hamburg, Tel. 040/2999 4928

- Güteschutz Kanalbau, 25436 Uetersen, Tel. 04122/7915.


3.5 Dichtheitsprüfung in Hessen wieder abgeschafft

In Hessen wurde mit der neuen Abwassereigenkontrollverordnung (v. 23.7.2010, GVBl. I 2010, S. 257) mit Wirkung vom 5.8.2010 die Dichtheitsprüfung auch für private Abwasserleitungen eingeführt. Die Prüfung sollte erstmals bis zum 31.12.2024 zu erledigen sein. Auch war vorgesehen, dass die Prüfung der öffentlichen Kanäle und der privaten Abwasserleitungen gemeinsam unter Regie der Gemeinde erfolgt. Wiederholungsprüfungen sollten erst nach weiteren 30 Jahren vorgenommen werden. Alle nach dem 1.1.1996 gebauten oder dauerhaft sanierten Abwasserleitungen gelten auch ohne besondere Prüfung zum 1.1.2010 per se als erstmals geprüft. Hier sollte die Dichtheitsprüfung erst wieder auf Ende 2039 anstehen.


Diese zunächst geltenden Vorschriften wurden allerdings durch die Hessische Umweltministerin am 23.3.2012 ausgesetzt. Durch die Änderung der Abwassereigenkontrollverordnung am 30.5.2012 (GVBl. 2012 I S. 155) wurde ein neuer § 1 Abs. 2 eingefügt, wonach private Abwasserleitungen nicht mehr unter die Prüfpflicht fallen. Einige Großstädte setzen die Überprüfungen aufgrund der örtlichen Abwassersatzung fort.


3.6 Schleswig-Holstein verlangt die Dichtheitsprüfung bis Ende 2025

In Schleswig-Holstein wollte man die Dichtheitsprüfung privater Abwasserleitungen ursprünglich bis Ende 2015 über die Bühne bringen. Nach heftigen Bürgerprotesten hat das Umweltministerium diese Frist Anfang Oktober 2010 bis zum 31.12.2025 verlängert. Wiederholungsprüfungen sollen nach 30 Jahren anstehen. In Wasserschutzgebieten soll es für die erste Prüfung beim 31.12.2015 bleiben und danach alle 15 Jahre.


Zur Erläuterung der Prüfung hat das Umweltministerium „Durchführungshinweise zur Umsetzung der DIN 1986-30“ und im Internet veröffentlicht. Diese Durchführungshinweise können Sie hier...nachlesen.


Hausbesitzer, die die Dichtheitsprüfung bereits durchgeführt haben, werden nicht schlechter gestellt, weil die bereits erfolgte Prüfung so behandelt wird, als ob sie zum spät möglichsten Zeitpunkt erfolgt wäre. Eine Wiederholungsprüfung ist dann erst wieder im Jahr 2055 notwendig.


3.7 Auch die Abwassersatzung kann die Dichtheitsprüfung vorschreiben

In den anderen Bundesländern, in denen es im Landeswassergesetz keine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift zur Dichtheitsprüfung gibt, haben manche Gemeinden diese Pflicht in ihrer Abwassersatzung geregelt. Das ist im Rahmen der kommunalen Satzungsautonomie zulässig.


In Bayern gibt es eine Empfehlung des Bayerischen Landesamts für Wasserwirtschaft, bestehende private Abwasserleitungen alle 25 Jahre optisch zu prüfen (Merkblatt Nr. 4.3/6 des Bayerischen Landesamts für Wasserwirtschaft „Prüfung alter und neuer Abwasserkanäle“ v. 17.6.2003). Manche bayerische Gemeinden haben diese Empfehlung inzwischen in ihre Abwassersatzung übernommen. Beispielsweise die Landeshauptstadt München; siehe dazu hier... Der BayVGH hat keine Einwendungen gegen eine derartige Prüfungspflicht aufgrund der kommunalen Abwassersatzung (BayVGH, Urteil v. 3.11.2014 – 4 N 12.2074, BayVBl 2015, 455), insbesondere dann, wenn es sich um eine ältere noch nie geprüfte Abwasserleitung handelt (BayVGH, Beschluss v. 4.6.2018 – 4 ZB 17.2066, juris).


In Niedersachsen kann die Gemeinde in ihrer Abwassersatzung zwar die Dichtheitsprüfung vorschreiben, allerdings darf die Dichtheitsprüfung von Grundstücksentwässerungsanlagen nur mit dem Ziel vorgesehen werden, bei hohem Grundwasserstand das Eindringen von Fremdwasser in die öffentliche Kanalisation zu verhindern. Nicht zulässig sind Satzungsregelungen, die allein auf die Einhaltung eines wasserrechtlich ordnungsgemäßen Zustands abzielen. Das ist Aufgabe eines Wassergesetzes; eine solche Regelung ist aber in Niedersachsen nicht vorhanden. Eine Dichtheitsprüfung privater Abwasserleitungen im Interesse des Grundwasserschutzes, um das Eindringen von verschmutztem Abwasser aus der privaten Leitung in das Erdreich oder das Grundwasser zu verhindern, können die Gemeinden durch Satzung deshalb nicht verfügen (NdsOVG, Urteil vom 10.1.2012 – 9 KN 162/10, NVwZ-RR 2012, 286 = DWW 2012, 108 = NdsVBl 2012, 155).


4. So läuft die Dichtheitsprüfung ab

4.1 Diese Leitungen sind zu prüfen

Das Nachstehende gilt nur in den genannten Bundesländern, in denen eine Dichtheitsprüfung vorgeschrieben ist!

Alle Abwasserleitungen auf dem Grundstück, die im Erdreich oder unzugänglich verlegt sind und Schmutzwasser ableiten, müssen auf Dichtheit geprüft werden. Dazu gehören auch Leitungen unter der Bodenplatte, nicht aber solche innerhalb des Gebäudes.


Je nach örtlicher Regelung in der Abwassersatzung ist der Eigentümer auch für die Grundstücksanschlussleitung (Leitung vom Kontrollschacht bzw. der Grundstücksgrenze bis zum öffentlichen Kanal) verantwortlich und muss sie auf Dichtheit prüfen lassen.


Leitungen, die nur das Regenwasser ableiten, müssen nicht geprüft werden.


Vor der Dichtheitsprüfung werden die Abwasserleitungen normalerweise gereinigt.


4.2 Verschiedene Möglichkeiten zur Dichtheitsprüfung

Für die Dichtheitsprüfung kommen die folgenden drei Methoden zur Anwendung:

- Druckprüfung mit Wasser

- Druckprüfung mit Luft

- TV-Inspektion


Wenn eine Abwasserleitung neu hergestellt oder eine bestehende Leitung wesentlich verändert wird, ist eine Druckprüfung vorgeschrieben. Mit einer Druckprüfung kann auch die Möglichkeit eines Fremdwassereintrages über die Rohrverbindungen erkannt werden.


Für die Prüfung bestehender Abwasserleitungen reicht normalerweise eine TV-Inspektion aus. Hierzu wurden Kamerasysteme entwickelt, die mit hoher Bildqualität auch verzweigte Systeme untersuchen können. Die Kamera wird vom Kontrollschacht oder von der Reinigungsöffnung aus eingesetzt. Die Dichtheit gilt als nachgewiesen, wenn bei der optischen Inspektion keine sichtbaren Schäden festgestellt werden. Nur in Zweifelsfällen könnte eine weitere Prüfung mit Luft- oder Wasserdruck notwendig werden. Wenn der Sachkundige trotzdem sofort eine Druckprüfung machen will, sollte man ihm das untersagen. In den Bundesländern, in denen eine Dichtheitsprüfung per Gesetz vorgeschrieben ist, wurde ausdrücklich zugelassen, dass bestehende Abwasserleitungen nur mit der Kamera zu untersuchen sind.


4.3 Eine Dokumentation weist die Prüfung nach

Als Nachweis der ordnungsgemäß durchgeführten Dichtheitsprüfung wird der Sachkundige eine entsprechende Dokumentation aushändigen. Hierzu gehören eine Lageskizze, die Kameraaufzeichnung (auf DVD, denn die kann man dann selbst am Computer anschauen), die eventuelle Schadensdokumentation und eine Bescheinigung des Prüfungsergebnisses.


4.4 Kosten der Dichtheitsprüfung

Wieviel die Dichtheitsprüfung kostet, kann man nicht allgemeinverbindlich sagen, weil es dafür keinen Gebührentarif gibt. Die Kosten hängen von der jeweiligen Situation auf dem Grundstück ab, also von Leitungslänge, Rohrdurchmesser, Verzweigungsgrad unter der Bodenplatte, Zugangsmöglichkeiten für Geräte, Anzahl der Einsteigschächte und Inspektionsöffnungen sowie die Rohrreinigung bestimmen den finanziellen Aufwand. Nach bisherigen Erfahrungen sollen für ein Einfamilienhaus etwa 300-500 € anfallen.


Es empfiehlt sich immer, dass sich mehrere Eigentümer zusammentun und gemeinsam einen Sachkundigen beauftragen; so könnte es billiger werden. Man sollte aber vorher mehrere Angebote einholen. Wichtig ist, ob im Preis alle Leistungen, wie z.B. die Reinigung und die vollständige Dokumentation enthalten sind.


4.5 Die Gemeinde muss die Dichtheitsprüfung anerkennen

Sofern die Gemeinde der Auffassung sein sollte, dass die Prüfung nicht fachgerecht durchgeführt wurde, und sie deshalb das Ergebnis der Dichtheitsprüfung nicht anerkennt, obwohl sie ein zertifizierter Sachkundiger gemacht hat, sollte man im Rahmen dessen Gewährleistungspflicht eine Nachbesserung verlangen.


5. Leitung undicht – was nun?

Sofern sich aus der Untersuchung ergibt, dass die Abwasserleitung nicht mehr dicht ist, steht eine Sanierung an. Es ist nicht ratsam, den Sachkundigen, das ist ja üblicherweise eine Kanalfirma, mit einer sofortigen Sanierung zu beauftragen. Vielmehr sollte man zunächst in Ruhe die erforderlichen Sanierungsarbeiten überlegen und weitere Angebote für die Sanierung einholen und die Preise vergleichen.


Dubiose Kanalreiniger sind unterwegs.“ So oder ähnlich wird immer wieder in der Presse berichtet. Was ist passiert? Unter Hinweis auf eine gesetzliche Pflicht zur Dichtheitsprüfung werden Grundstücksbesitzer an der Haustür massiv dazu gedrängt, ihre privaten Abwasserleitungen auf Dichtheit und mögliche Schäden hin überprüfen zu lassen. Die Masche hierbei: Zunächst wird diese Überprüfung für relativ wenig Geld angeboten. Dann wird dem Grundstückseigentümer mit gefälschten Video-Aufzeichnungen eine angeblich kaputte Abwasserleitung gezeigt und mit dem Hinweis auf den Tatbestand der Gewässerverunreinigung oder Bodenverunreinigung nach dem Strafgesetzbuch eine kostenträchtige Kanalsanierung aufgedrängt, die sogleich ausgeführt wird.


Der Kanalhai will durch die billige Dichtheitsprüfung nur an einen lukrativen und überteuerten Reparaturauftrag kommen. Deshalb kann man nur raten: Finger weg von dubiosen Haustürgeschäften. Die Gefahr, betrogen zu werden, ist groß. Und wer einen obskuren Flyer zu einer „Supergünstigen Dichtheitsprüfung“ im Briefkasten findet: Ab damit in den Papierkorb.


Seriöse Sachkundige machen erst nach Sichtung des Ist-Zustandes vor Ort ein fundiertes Angebot. Eine qualifizierte Arbeit hat auch ihren Preis. Billigangebote mögen auf den ersten Blick verlockend sein – das böse Erwachen kommt dann hinterher, wenn zu völlig überhöhten Preisen Sanierungsarbeiten angeboten werden, die dann oft nur mangelhaft durchgeführt werden. Pfusch kann teuer werden, weil unter Umständen die Dichtheitsprüfung und die Sanierungsmaßnahme wiederholt werden müssen.


6. Gibt es eine steuerliche Abzugsmöglichkeit?

Sowohl die Dichtheitsprüfung als auch eine eventuell notwendige Sanierung der Abwasserleitungen sind Instandhaltungsmaßnahmen, die man als Vermieter nicht auf die Mieter umlegen kann. Reparaturen muss nämlich der Vermieter zahlen (Kinne, Betriebskostenarten und deren Abwälzung, ZMR 2001, S. 1; Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete, Rdn. A 58).


Als Vermieter kann man die Kosten für die Dichtheitsprüfung aber als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung steuerlich absetzen. Das gilt natürlich auch für die Kosten einer eventuellen Reparaturmaßnahme.


Alle anderen (nicht vermietenden) Hauseigentümer können die Lohnkosten für eine Dichtheitsprüfung einer Abwasserleitung als eine Handwerkerleistung i.S.v. § 35a Abs. 3 EStG im Rahmen einer Steuerermäßigung geltend machen. (BFH, Urteil vom 6.11.2014 – VI R 1/13, DWW 2015, 69 und Anwendungserlass des Bundesfinanzministeriums vom 9.11.2016, hier nachzulesen).


© IKV Erwin Ruff 22.9.2023

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