Säumniszuschläge bei verspäteter Steuerzahlung
Wer zu spät zahlt, zahlt drauf
Wenn Sie fällige Steuern nicht rechtzeitig zahlen, setzt Ihnen das Finanzamt quasi „Daumenschrauben“ an. Und zwar in Form von Säumniszuschlägen. Die Rechtsgrundlage dafür ist § 240 AO. Es spielt keine Rolle, ob Sie die verspätete Zahlung verschuldet haben oder nicht (BFH, Urteil v. 17.7.1985 – I R 172/79, BStBl II 1986, 122).
Säumniszuschläge sind ein Druckmittel. Sie sollen Sie zur pünktlichen Zahlung anhalten (BFH, Beschluss v. 10.12.1986 – I B 121/86, BStBl II 1987, 389). Sie sind auch eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung und ein Ausgleich für den angefallenen Verwaltungsaufwand der Behörde (BFH, Urteil v. 29.8.1991 – V R 78/86, BStBl II 1991, 906).
Wann entstehen Säumniszuschläge?
Säumniszuschläge entstehen kraft Gesetzes, wenn Sie Ihre Steuern nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt haben. Wie leicht vergisst man einen Steuertermin. Säumniszuschläge sind ärgerlich. Wenn Sie Ihrem Finanzamt eine Einzugsermächtigung erteilen, sind Sie diese Sorge los.
Wenn Sie Verspätungszuschläge, Zinsen, Säumniszuschläge, Zwangsgelder oder Kosten nicht rechtzeitig zahlen, fallen darauf keine weiteren Säumniszuschläge an.
Wird die Fälligkeit nachträglich hinausgeschoben? Dann entfallen Säumniszuschläge
Durch Stundung oder Aussetzung der Vollziehung wird der Fälligkeitszeitpunkt Ihrer Steuerzahlung hinausgeschoben. Dann fallen bis zum neuen Fälligkeitstermin keine Säumniszuschläge an. Stattdessen zahlen Sie Stundungs- oder Aussetzungszinsen nach §§ 233 ff. AO.
Wenn das Finanzamt Ihren Stundungsantrag oder Ihren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ablehnt, bleibt es beim ursprünglichen Fälligkeitstermin (BFH, Urteil v. 17.7.1985 – I R 172/79, BStBl II 1986, 122).
Es wäre unklug, bei einem momentanen Zahlungsengpass einfach fällige Steuern nicht zu zahlen. Sie riskieren Säumniszuschläge. Beantragen Sie Steuerstundung. Dafür zahlen Sie monatlich 0,5 % Stundungszinsen. Das ist billiger als Säumniszuschläge.
Stundung oder Aussetzung der Vollziehung abgelehnt? Glück für Sie, wenn das Finanzamt dann die alte Fälligkeit aufhebt und Ihnen eine neue Zahlungsfrist nennt. Denn dies hat Auswirkungen auf die Säumniszuschläge. Durch die neue Zahlungsfrist wird die ursprüngliche Fälligkeit, die sich aus dem Steuerbescheid ergibt, aufgehoben. Sie müssen Ihre Steuerschuld erst nach Ablauf der neuen Zahlungsfrist begleichen (§ 220 Abs. 2 AO). Für den Zeitraum ab der ursprünglichen Fälligkeit bis zum Ablauf der neuen Fälligkeit können von Ihnen keine Säumniszuschläge gefordert werden.
Für jeden angefangenen Monat zahlen Sie 1 Prozent
Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist gemäß § 240 Abs. 1 Satz 1 AO für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Auch wenn der Steuerbetrag später aufgehoben oder geändert wird, bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge bestehen (§ 240 Abs. 1 Satz 4 AO). Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass diese Vorschrift nicht gegen das Grundgesetz verstößt (BVerfG, Beschluss v. 30.1.1986 - 2 BvR 1336/85). Für rückständige Steuern unter 50 Euro fallen keine Säumniszuschläge an.
Fristberechnung
Die Monatsfrist in § 240 Abs. 1 Satz 1 AO beginnt nach Ablauf des Fälligkeitstages. Für die Berechnung gelten § 108 AO i. V. mit §§ 187-193 BGB. Ist die Steuerzahlung an einem Samstag, einem Sonntag oder einem gesetzlichen Feiertag fällig, verschiebt sich die Fälligkeit auf den nächstfolgenden Werktag.
Bei einer Säumnis von bis zu drei Tagen wird gem. § 240 Abs. 3 AO kein Säumniszuschlag erhoben (sog. Schonfrist). Endet die Schonfrist an einem Samstag, einem Sonntag oder einem gesetzlichen Feiertag, verlängert sie sich bis zum Ablauf des nächstfolgenden Werktages.
Auf die Schonfrist besteht ein Rechtsanspruch. Sie soll zu Ihren Gunsten Verzögerungen im Bankverkehr ausgleichen, auf die Sie keinen Einfluss haben. Wenn Sie Ihre Steuern erst nach der Schonfrist zahlen, werden Säumniszuschläge bereits ab dem ersten Tag der Säumnis gerechnet.
Achtung: Nicht immer gilt die Schonfrist
Seit 1.1.1994 gilt die Schonfrist nicht mehr bei Bar- und Scheckzahlung. Wenn Sie derart nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt haben, müssen Sie Säumniszuschläge berappen. Der verspätete Eingang eines mit der Post verschickten Schecks geht zu Ihren Lasten. Die Schonfrist wird nur noch gewährt, wenn Sie per Banküberweisung zahlen (§ 240 Abs. 3 Satz 2 AO).
Berechnungsbeispiele
Beispiel 1
Ihre Einkommensteuervorauszahlung über 2 030 € war am 15.9. fällig. Sie haben erst am 25.10. gezahlt. Damit waren Sie 1 vollen und 1 angefangenen Monat zu spät dran. Für die Berechnung der Säumniszuschläge wird der Steuerbetrag auf 2 000 € abgerundet.
Sie zahlen: 1 % x 2 Monate aus 2 000 € = 40 € Säumniszuschläge.
Beispiel 2
Angenommen, Sie schulden dem Finanzamt 2 Monate lang 12 387 € Umsatzsteuer und 9 856 € Einkommensteuer.
Für die Berechnung der Säumniszuschläge dürfen die Rückstände nicht einfach addiert werden (das wären 22 243 €). Vielmehr wird jeder Einzelbetrag auf den durch 50 teilbaren Betrag abgerundet, also auf
– 12 350 € bei der Umsatzsteuer und
– 9 850 € bei der Einkommensteuer.
Sie zahlen: 1 % x 2 Monate aus 12 350 € = 247 € und 1 % x 2 Monate aus 9 850 € = 197 € Säumniszuschläge.
Beispiel 3
Ihre Einkommensteuervorauszahlung über 1 500 €, die am 15.9. fällig war, ist am 18.9. per Banküberweisung bei der Finanzkasse eingegangen. Da Sie die dreitägige Schonfrist beanspruchen können, fallen keine Säumniszuschläge an.
Anders, wenn Ihr Scheck am 18.9. bei der Finanzkasse eingegangen wäre. Bei Scheckzahlung gibt es keine Schonfrist. Da Sie zu spät dran waren, entstehen für 1 Monat Säumniszuschläge.
So wehren Sie sich gegen Säumniszuschläge
Wenn Sie der Meinung sind, Säumniszuschläge seien nicht entstanden, können Sie sich dagegen wehren. Schreiben Sie dem Finanzamt: „ Ich bin der Meinung, dass keine Säumniszuschläge entstanden sind, weil ........ Ich bitte um einen rechtsmittelfähigen Bescheid“. Gegen diesen Bescheid können Sie dann Einspruch einlegen.
Beantragen Sie den Erlass von Säumniszuschlägen
Säumniszuschläge sind ein Druckmittel, um fällige Steuerforderungen einzutreiben. Soweit dieser Zweck durch die verwirkten Säumniszuschläge nicht mehr erreicht werden kann, dürfen von Ihnen keine Säumniszuschläge verlangt werden (BFH, Urteil v. 22.4.1975 – VII R 54/72, BStBl II 1975, 727).
Beispiel: Wer zahlungsunfähig ist, kann auch unter Druck nicht mehr zahlen. In einer leeren Kasse ist eben nichts mehr drin.
Tipp
Nach § 227 AO können Säumniszuschläge aus sachlichen oder persönlichen Gründen erlassen werden. Hier weiterlesen
Rechtsstand April 2016
© IKV Erwin Ruff