Straßenausbaubeiträge




Die Straße wird verbessert oder erneuert: Wer zahlt?

Die Straßen und Wege, über die ein Grundstück erschlossen wird, halten nicht ewig. Die Kommunen müssen ihre Straßen durch regelmäßige sachgerechte Ausbesserungsarbeiten in Ordnung halten. Manchmal wird auch der Vorwurf erhoben, dass Gemeinden ihre Straßen erst jahrelang vergammeln lassen, um dann eine Rundumsanierung mit Kostenbeteiligung der Anlieger vorzunehmen. Wenn dem so wäre, dann wäre das natürlich nicht in Ordnung, weil normale Unterhaltungsarbeiten Sache der Gemeinden sind und den allgemeinen Haushalt belasten. Irgendwann kommt aber der Tag, an dem die Verkehrswege verbessert, umgebaut oder erneuert werden müssen. Dann stellt sich die Frage: Wer zahlt diese Baumaßnahmen?

In den ostdeutschen Bundesländern wurde nach der Wiedervereinigung in den jeweiligen Kommunalabgabengesetzen eine Rechtsgrundlage für die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen geschaffen. Angesichts des Jahrzehnte lang vernachlässigten maroden DDR-Straßennetzes mit seinen mehr oder wenig vorhandenen Teileinrichtungen mussten und müssen die Gemeinden Straßen, Gehwege, Radwege, die Straßenbeleuchtung oder die Straßenentwässerung erneuert, verbessert oder umbauen.

Was ist der Grund für Straßenausbaubeiträge?

Wenn man das Thema „Straßenausbaubeiträge“ von der rechtlichen und juristischen Seite aus beurteilt, stellt sich der Beitrag wie folgt dar: Werden vorhandene Straßen erneuert, verbessert oder verändert, kann sich die bestehende Erschließungssituation positiv verändern. Beispielsweise kann der Autoverkehr auf einer gut ausgebauten Fahrbahn leichter, gefahrloser oder geräuschärmer ablaufen. Oder die Verkehrsbelastung entfällt, wenn die Straße in eine Fußgängerzone umgebaut wird. Diese vermeintlichen Vorteile für die Straßenanlieger werden als Rechtfertigung gesehen, sie zu Straßenausbaubeiträgen heranzuziehen. Anders sieht dies Niemeier in seinem Aufsatz „Ökonomieferne Verwaltungsrechtsprechung im öffentlichen Abgabenrecht beschädigt den Rechtsstaat“, Gemeindehaushalt 2017, 12. Er ist der Meinung, dass es durch die Straßenerneuerung grundstücksbezogene Vorteile nicht geben kann, weshalb Straßenausbaubeiträge rechtlich nicht zulässig seien. Mit dieser Meinung steht Niemeier jedoch gegen die herrschende Gesetzeslage, Rechtsprechung und Fachliteratur. Beispielsweise hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil v. 21.6.2018 – 9 C 2.17, festgestellt, dass der Straßenausbaubeitrag in Hessen rechtmäßig ist.

Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat auch festgestellt, dass Straßenausbaubeiträge (hier entschieden zu § 6 NKAG) verfassungsgemäß sind und gegen keine Bestimmungen des Grundgesetzes verstoßen (NdsOVG, Urteil v. 27.3.2017 – 9 LC 180/15). Das Gericht hat sich dabei ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bezogen, das keinen Verstoß gegen den Grundsatz der abgabenrechtlichen Belastungsgleichheit festgestellt hat (BVerfG, Beschluss v. 25.6.2014 – 1 BvR 668/10, 1 BvR 2104/10, NVwZ 2014, 1448). Im Anschluss an das NdsOVG hat das BVerwG verdeutlicht: Zu Straßenausbaubeiträgen können nur solche Grundstückseigentümer bzw. Erbbauberechtigte herangezogen werden, die aus der Möglichkeit, die ausgebaute Straße in Anspruch zu nehmen, einen Sondervorteil schöpfen können, der sich von dem Nutzen der Allgemeinheit unterscheidet. Durch den Straßenausbaubeitrag wird die einem Baugrundstück zugutekommende Erhaltung der wegemäßigen Erschließung abgegolten, die dessen qualifizierte Nutzbarkeit sichert. Dieser Vorteil ist geeignet, den Gebrauchswert der begünstigten Grundstücke positiv zu beeinflussen. Auf einen darüber hinausgehenden, in Geld messbaren Sondervorteil jedes einzelnen Beitragsschuldners kommt es dabei nicht an (BVerfG, Beschluss v. 25.6.2014 – 1 BvR 668/10, NVwZ 2014, 1448). Für die Gemeinde besteht keine Pflicht, jedem einzelnen Beitragsschuldner vorzurechnen, inwiefern und in welcher Höhe die Baumaßnahme zu einer Wertsteigerung des Grundstücks führt. Ein in Geld messbarer wirtschaftlicher Sondervorteil ist nämlich keine Bedingung der Beitragserhebung (BVerwG, Beschluss v. 30.7.2018 – 9 B 23.17).

Wichtiger Unterschied: Erschließungs- oder Straßenausbaubeiträge

Bevor konkret auf die Straßenausbaubeiträge eingegangen wird, muss zunächst ein wichtiger Unterschied erläutert werden. Die Gemeinden können für Straßenbauten nämlich Erschließungsbeiträge oder Straßenausbaubeiträge fordern. Worin liegt der Unterschied?

Erschließungsbeiträge: Wer einen Bauplatz in einem Neubaugebiet hat, muss für die neu hergestellten Straßen, Wege und Plätze sowie Grünanlagen und Lärmschutzeinrichtungen Erschließungsbeiträge zahlen. Rechtsgrundlage dafür ist das Baugesetzbuch (BauGB); in Baden-Württemberg das KAG und in Bayern das KAG i.V.m. BauGB. Erschließungsbeiträge fallen nur für die erstmalige Herstellung von Erschließungsanlagen an.

Straßenausbaubeiträge: Liegt ein Grundstück an einer bestehenden Straße und wird diese Straße z. B. vollständig erneuert, kann die Gemeinde dafür Straßenausbaubeiträge erheben. Rechtsgrundlage dafür ist das KAG. Ein Straßenausbaubeitrag zur Straßenveränderung kann auch dann erhoben werden, wenn bereits früher Erschließungsbeiträge bezahlt wurden.

Rechtsgrundlagen
Seit 2018 haben sieben Bundesländer die Straßenausbaubeiträge abgeschafft. In einigen Bundesländern gibt es einen Erhebungszwang (Gesetzeswortlaut sind, erheben bzw. sollen), während es in anderen Bundesländern im Ermessen der Gemeinden steht, ob sie Straßenausbaubeiträge erheben (Gesetzeswortlauf können).

Praxis-Übersicht: Landesrechtliche Vorschriften für Straßenausbaubeiträge

Bundesland

Gesetzliche Grundlage

Gesetzeswortlaut

Baden-Württemberg

Hier wurden noch nie Straßenausbaubeiträge erhoben


Bayern

Ab 1.1.2018 durch Gesetz vom 26.6.2018 abgeschafft


Berlin

Seit 2012 werden keine Straßenausbaubeiträge mehr erhoben


Brandenburg

Ab 1.1.2019 wurden die Straßenausbaubeiträge abgeschafft


Bremen

§ 17 Bremisches Gebühren- und Beitragsgesetz v. 16.7.1979, zuletzt geändert am 26.9.2017

sollen

Hamburg

Seit 2017 werden keine Straßenausbaubeiträge mehr erhoben


Hessen

§ 11 KAG v. 24.3.2013, zuletzt geändert am 28.5.2018

können

Mecklenburg-Vorpommern

Für Baumaßnahmen, die nach dem 1.1.2018 begonnen werden, werden keine Straßenausbaubeiträge mehr erhoben


Niedersachsen

§ 6 KAG v. 20.4.2017, geändert am 24.10.2019 (Nds. GVBl. S. 309)

können

Nordrhein-Westfalen

§ 8 KAG v. 21.10.1969, zuletzt geändert am 23.1.2018

sollen

Rheinland-Pfalz

§ 10a KAG v. 20.6.1995, zuletzt geändert am 5.5.2020.
Die einmaligen Straßenausbaubeiträge wurden abgeschafft. Landesweit sind für Verkehrsanalgen nur noch wiederkehrende Straßenausbaubeiträge zulässig. Eine Übergangsfrist gilt bis 31.12.2023

erheben

Saarland

§ 8 KAG v. 29.5.1998, zuletzt geändert am 21.11.2007

können

Sachsen

§ 26 KAG v. 9.3.2018

können

Sachsen-Anhalt

Straßenausbaubeiträge wurden zum 1.1.2020 abgeschafft


Schleswig-Holstein

§ 8 KAG v. 10.1.2005

können

Thüringen

Zum 1.1.2019 wurden die Straßenausbaubeiträge abgeschafft (Gesetz v. 10.10.2019 (GVBl. S. 396)


KAG = Kommunalabgabengesetz


Beitragsfähige Baumaßnahmen

Die Gemeinde kann von den Anliegern Straßenausbaubeiträge für folgende Baumaßnahmen erheben:


Die Einzelheiten für den Beitrag ergeben sich aus einer Beitragssatzung

Zur Ausführung des Gesetzes muss jede Gemeinde noch eine besondere „Beitragssatzung für die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen“ erlassen; in Bremen regelt das ein Gesetz. In der Beitragssatzung steht genau, wer Beitragsschuldner ist, welche Maßnahmen beitragspflichtig sind, welche Kosten in die Beitragsberechnung einbezogen werden, nach welchem Modus die Kosten auf die Grundstücke umgelegt werden und welchen Eigenanteil die Gemeinde übernimmt. Mit welchem Anteil Anlieger belastet werden, ergibt sich aus dem Kommunalabgabengesetz i.V.m. der örtlichen Straßenausbaubeitragssatzung (HessVGH, Urteil v. 30.10.2016 – 5 UE 1211/07, juris).


Voraussetzung ist ein Vorteil für das Grundstück

Grundsätzlich kann ein Straßenausbaubeitrag nur dann erhoben werden, wenn die Straßenbaumaßnahmen die Erschließungssituation der einzelnen Grundstücke verbessert. Beispielsweise kann dies dadurch geschehen, dass eine leichtere, gefahrlosere oder sonstige vorteilhaftere Möglichkeit der Nutzung durch die neu geschaffene bzw. erneuerte Straße geboten wird. Ob die Anlieger diese Möglichkeiten tatsächlich ausschöpfen, hat auf die Beitragsforderung keine Auswirkung (NdsOVG, Beschluss v. 3.5.1999 – 9 L 1856/99, NVwZ-RR 2000, 44; OVG LSA, Beschluss v. 29.6.2000 – 2 M 48/00, VwRR MO 2001, 90).


Beispiele: Auf einer gut ausgebauten Fahrbahn fließt der Verkehr leichter oder geräuschärmer. Beim Umbau in eine verkehrsberuhigte Zone entfällt Fahrzeugverkehr. Ein schadhafter Plattenbelag des Gehwegs wird durch einen Asphaltbelag ersetzt. Solche Baumaßnahmen werden als Vorteil für das Grundstück gesehen, und das ist die Rechtfertigung dafür, dass die Anlieger zu den gesetzlichen Straßenausbaubeiträgen herangezogen werden.


Nach der Rechtsprechung wird der beitragsrechtliche Vorteil wie folgt interpretiert: Wird eine Straße erneuert, erweitert oder verbessert, indiziert bereits dieser objektive Umstand regelmäßig den besonderen wirtschaftlichen Vorteil für die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke, ohne dass es auf deren subjektive Einschätzung bzw. deren Empfinden ankommt. Diese Gleichstellung von Beitragstatbestand und Vorteilsbegriff rechtfertigt sich aus der Erwägung, dass sich wegen der engen Beziehung zwischen Straße und Grundstück, insbesondere der Möglichkeit der Inanspruchnahme der Straße vom Grundstück aus, der Gebrauchswert eines Grundstücks automatisch mit der Qualität der erneuerten, erweiterten oder verbesserten Straße erhöht (NdsOVG, Urteil v. 27.3.2017 – 9 LC 180/15, juris). Da Straßenausbaubeiträge grundstücksbezogen erhoben werden, können nur solche Grundstücke herangezogen werden, deren Eigentümer aus der Möglichkeit, die ausgebauten Straßen in Anspruch zu nehmen, einen Sondervorteil schöpfen können, der sich von dem Nutzen der Allgemeinheit unterscheidet. Ein derartiger Sondervorteil kann in einer Erhöhung des Gebrauchswertes des Grundstücks bestehen; eine messbare Steigerung seines Verkehrswertes ist nicht erforderlich. Der durch den Straßenausbaubeitrag ausgeglichene Sondervorteil des Grundstückseigentümers besteht in der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu einer öffentlichen Verkehrsanlage. Abgegolten wird nicht die schlichte, auch der Allgemeinheit zustehende Straßenbenutzungsmöglichkeit, sondern die einem Grundstück, insbesondere einem solchen mit Baulandqualität, zugutekommende Erhaltung der wegemäßigen Erschließung. Dieser Vorteil ist geeignet, den Gebrauchswert der begünstigten Grundstücke positiv zu beeinflussen; er ist ihnen individuell zurechenbar (BVerfG, Beschluss v. 25.6.2014 – 1 BvR 668/10 u.a., BVerfGE 137, 1; BVerwG, Urteil v. 21.6.2018 – 9 C 2.17, juris).


Nur beitragsfähige Aufwendungen können umgelegt werden

Es ist nun aber nicht so, dass die Gemeinde für jegliche Straßenbauarbeiten Straßenausbaubeiträge fordern kann. Das Gesetz und die Gemeindesatzung beschränken dies auf bestimmte Baumaßnahmen. Man nennt das die „beitragsfähigen Ausbaumaßnahmen“.


Hierbei müssen die folgenden Voraussetzungen vorliegen:

1. Es muss sich um eine öffentliche Straße handeln. Zur „Straße“ gehört nicht nur die Fahrbahn, sondern auch Gehwege, Radwege, Fußwege, Straßenbeleuchtung, Straßenentwässerung, Parkplätze und Grünflächen.

2. Die Straße muss im Gemeindeeigentum stehen und für die Öffentlichkeit gewidmet sein. Ausreichend ist auch eine Eintragung im Straßenbestandsverzeichnis, beispielsweise nach Art. 67 Abs. 3 BayStrWG (BayVGH, Beschluss v. 18.5.2016 – 6 ZB 15.2785, juris). Ausnahmsweise kann eine Straße auch nachträglich gewidmet werden (NdsOVG, Beschluss v. 21.5.2012 – 9 LB 100/10; BayVGH, Urteil v. 1.12.2016 – 6 BV 16.856, juris).

3. Es muss sich um Bauarbeiten zur Erneuerung, zum Umbau oder zur Verbesserung handeln. Damit ist klar und unmissverständlich, dass die erstmalige Herstellung von Straßen nicht über Straßenausbaubeiträge finanziert werden kann. Dafür fallen Erschließungsbeiträge aufgrund des Baugesetzbuches (in Baden-Württemberg nach dem Kommunalabgabengesetz) an.


Praxis-Hinweis

Alle Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten an Straßen – z.B. das Ausbessern von Schlaglöchern oder das Erneuern der Verschleißdecke – gehen zu Lasten der Gemeinde. Solche Kosten darf sie nicht auf die Straßenanlieger umlegen (OVG NRW, Beschluss v. 29.03.1990 – 2 A 723/87, GemHH 1991, S. 165; BayVGH, Urteil v. 11.07.1995 – 6 B 93.3392, BayVBl 1996, S. 470).


Kostenersparnis aus Synergieeffekten

Werden aus Anlass des Um- und Ausbaus einer Straße Erneuerungs- oder Neuverlegearbeiten an Leitungen im Straßenkörper (Wasser, Abwasser oder Gas) vorgenommen, deren isolierte Vornahme ebenfalls einen Aufbruch der Straßendecke und ihre Wiederherstellung erforderlich gemacht hätten, handelt es sich dabei um keine bloßen „Folgemaßnahmen“ des Straßenumbaus. Insofern muss deshalb bei der Abrechnung des Aufwands für den Straßenum- und -ausbau die Kostenersparnis, die aus den Synergieeffekten durch die gleichzeitige Ausführung der Leitungsarbeiten resultieren, aufwandsmindernd berücksichtigt werden (HessVGH, Beschluss v. 28.12.2016 – 5 B 2486/16, juris; NdsOVG, Urteil v. 27.3.2017 – 9 LC 180/15, juris).


Das versteht man unter Erneuerung

Erneuerung ist das Wiederherstellen einer vorhandenen, ganz oder teilweise unbrauchbaren, abgenutzten oder schadhaften Anlage in einen Zustand, der den Verkehrsbedürfnissen entspricht. Durch die Erneuerung wird im Ergebnis eine neue Ortsstraße von gleicher räumlicher Ausdehnung, gleicher funktioneller Aufteilung der Fläche und gleichwertiger Befestigungsart geschaffen, die mit ihrem ursprünglichen Zustand im Wesentlichen vergleichbar ist (NdsOVG, Beschluss v. 3.6.2002 – 9 MA 1983/01; OVG NRW, Beschluss v. 26.3.2009 – 15 A 939/06, DWW 2009, S. 270; BayVGH, Beschluss v. 22.9.2009 – 6 ZB 08.788, juris).


Die Nutzungsdauer der alten Straße muss abgelaufen sein

Ein Beitrag ist nur zulässig, wenn die Nutzungsdauer der alten Straße abgelaufen ist, allerdings nur dann, wenn die Gemeinde diese Straße laufend unterhalten und instand gesetzt hat (OVG NRW, Urteil v. 21.4.1975 – II A 1112/73, DÖV 1975, S. 860). Außerdem muss die Straße auch tatsächlich abgenutzt sein (NdsOVG, Urteil v. 28.11.2001 – 9 L 3195/00; VG Potsdam, Urteil v. 7.7.2010 – 12 K 1425/06, LKV 2011, 45).

Hauptverkehrsstraßen sollen etwa 25 Jahre halten (BayVGH, Urteil v. 14.7.2010 – 6 B 08.2254, KommP BY 2010, 362), wenn gleich es eine allgemein gültige Zeitspanne insoweit nicht gibt. Vielmehr hängt die Dauer der üblichen Nutzungszeit einer Straße vom vorherigen Ausbauzustand und der verkehrlichen Funktion der Straße ab (OVG NRW, Beschluss v. 23.11.2016 – 15 A 2582/15, juris). Bei weniger belasteten Straßen in Wohngebieten können das auch 40 Jahre sein. Gehwege halten erfahrungsgemäß noch länger als 40 Jahre. Wenn eine Gemeinde beispielsweise eine mehr als 50 Jahre alte Straße erneuert, dann ist deren übliche Nutzungsdauer zweifellos abgelaufen. Daraus ergibt sich von selbst, dass die Fahrbahn verschlissen und erneuerungsbedürftig ist, ohne dass das die Gemeinde im Einzelnen noch nachweisen muss (OVG NRW, Beschluss v. 15.7.2011 – 15 A 398/11, KStZ 2011, 211 und Beschluss v. 12.7.2017 – 15 E 70/17, juris).


Insbesondere in der früheren DDR wurde an den meisten Straßen Jahrzehnte lang nichts gemacht, so dass der Ausbau von maroden Straßen als Erneuerung zu werten ist.


Beispiele: Das sind beitragsfähige Erneuerungsmaßnahmen

- Wenn eine Straße trotz Unterhaltungsmaßnahmen eindeutig erneuerungsbedürftig geworden ist, kommt es nicht darauf an, ob sie noch verkehrssicher ist. Die Gemeinde kann frei entscheiden, ob sie weitere Instandsetzungsmaßnahmen durchführt oder die Straße vollständig erneuert (OVG NRW, Urteil v. 26.07.1991 – 2 A 905/89).

- Die Erneuerung der beschädigten (ca. 14 cm starken) Straßendeckschicht ist beitragspflichtig. Wird aber nur die obere ca. 4 cm starke Verschleißdecke erneuert, handelt es sich dagegen um eine nicht beitragspflichtige Instandsetzungsmaßnahme (NdsOVG, Beschluss v. 20.12.1989 – 9 M 109/89; OVG NRW, Beschluss v. 08.10.1999 – 15 A 3305/96, NVwZ-RR 2000, S. 460).

- Ist die Straßenerneuerung u. a. auch darauf zurückzuführen, dass in der Vergangenheit die Straße zur Verlegung von Kanälen aufgerissen werden musste, liegt eine beitragspflichtige Erneuerung vor. Denn Straßenaufbrüche für Kanalarbeiten gehören zum „Lebensschicksal“ einer Straße (HessVGH, Beschluss v. 01.10.1991 – 5 UE 4350/88).

- Die Erneuerung einer alten Straßenbeleuchtung ist grundsätzlich eine beitragspflichtige Maßnahme (HessVGH, Beschluss v. 21.03.1997 – 5 TG 2505/96, ZKF 1997, S. 206; OVG NRW, Urteil v. 28.8.2001 – 15 A 465/99, NVwZ-RR 2002, 299).

- In den neuen Bundesländern dürfte davon auszugehen sein, dass die alte marode DDR-Straßenbeleuchtung verschlissen ist und für die Erneuerung Beiträge erhoben werden können (OVG LSA, Beschluss v. 24.3.2010 – 4 L 284/07, KStZ 2010, 157; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 31.8.2007 – 9 N 148.05).

- Eine Erneuerung muss sich nicht auf die ganze Straßenfläche erstrecken. Wenn beispielsweise nur der Gehweg erneuert wird, ist nur diese Maßnahme beitragspflichtig (OVG NRW, Beschluss v. 29.03.1990 – 2 A 723/87, NVwZ-RR 1991, S. 267).


Die beitragsfähige Erneuerung muss einen bestimmten Umfang haben

Erstreckt sich eine Baumaßnahme nicht auf die Ortsstraße oder deren Teileinrichtungen in ihrer gesamten Länge, sondern nur auf eine Teilstrecke, weil die Straße sonst noch in Ordnung ist, gilt Folgendes: Als Faustregel wird angenommen, dass eine beitragsfähige Erneuerung nur dann vorliegt, wenn die erneuerte Teilstrecke mindestens ein Viertel der gesamten Straßenlänge umfasst, denn unterhalb dieser Schwelle ist regelmäßig nur ein unerheblicher Teil betroffen, dessen Erneuerung oder Verbesserung nicht auf die gesamte Einrichtung durchschlägt (BayVGH, Urteil v. 11.12.2015 – 6 BV 14584, juris). Das gilt aber nicht hinsichtlich solcher Teile, die sich typischerweise nicht auf die gesamte Länge einer Straße erstrecken, wie Stützmauern oder eine Wendeanlage (BayVGH, Urteil v. 18.5.2017 – 6 BV 16.2345, juris). Die Erneuerung einer Stützmauer, die für die Standfestigkeit und Benutzbarkeit der Straße erforderlich ist, stellt sich beitragsrechtlich als eine Erneuerung der gesamten Straße dar, so dass die Baukosten auf alle Straßenanlieger umzulegen sind (HessVGH, Beschluss v. 8.1.2018 – 5 A 1551/17.Z, juris).


Aber nicht alles Neue kostet das Geld der Anlieger

Nicht für jede Straßenerneuerung muss man zahlen. Das gilt für Erneuerungen, die beispielsweise unsinnig sind oder die erforderlich werden, weil die frühere Herstellung mangelhaft war. Das geht ganz zu Lasten der Gemeinde (OVG NRW, Beschluss v. 23.11.2016 – 15 A 2582/15, juris).


Beispiele:

- Wird ein Gehweg erneuert, dabei aber so stark verschmälert, dass er nicht mehr funktionell benutzt werden kann, darf die Gemeinde keine Straßenausbaubeiträge verlangen (OVG NRW, Urteil v. 21.6.1990 – 2 A 1376/87, NVwZ-RR 1991, S. 269). Gemessen am notwendigen Verkehrsraum eines Fußgängers wird eine Mindestbreite für den Gehweg von 75 cm verlangt (OVG NRW, Beschluss v. 8.1.2016 – 15 B 1239/15, juris).

- Sofern die Gemeinde eine Straße weder ordnungsgemäß unterhalten noch instandgesetzt hat und deshalb eine Erneuerung notwendig wird, sind Straßenausbaubeiträge nicht möglich. Die Gemeinde kann nämlich durch laufende Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten die Lebensdauer einer Straße erheblich verlängern (OVG NRW, Urteil v. 21.04.1975 – II A 1112/73, KStZ 1976, S. 16).

- Sofern die Straße durch die laufende Unterhaltung und Instandsetzung in einem ordnungsgemäßen Zustand gehalten werden kann, darf sie die Gemeinde nicht zu Lasten der Grundstückseigentümer erneuern (OVG NRW, Beschluss v. 31.08.1983 – 2 A 1373/82).

- Wird vor Ablauf der üblichen Nutzungsdauer die Gesamterneuerung wegen einer anderweitigen Inanspruchnahme der Straße erforderlich, können Beiträge nicht erhoben werden. Beispiel: Das Gasversorgungsunternehmen gräbt die Straße auf und verlegt eine Gasleitung. Die Kosten für die Straße muss in diesem Fall das Gasversorgungsunternehmen zahlen.

- Wenn im Zusammenhang mit einer nicht beitragsfähigen Straßenerneuerung auch die Bürgersteige erneuert werden, kann die Gemeinde für die Bürgersteige keine Ausbaubeiträge verlangen, wenn die bisherigen Bürgersteige nicht erneuerungsbedürftig waren (OVG NRW, Urteil v. 25.10.1983 – 2 A 1283/82, KStZ 1984, S. 114).


Auch für die Erweiterung entstehen Beiträge

Unter einer Erweiterung versteht man die flächenmäßige Vergrößerung einer fertigen Anlage. Das kann etwa eine Verbreiterung der Fahrbahn oder der Neubau einer Parkspur sein. Ob die Anlieger die neue Parkmöglichkeit tatsächlich nutzen, spielt keine Rolle. Aber auch Besucher, Mieter oder Lieferanten können besser parken (OVG NRW, Urteil v. 09.05.1995 – 15 A 2545/92, GemHH 1996, S. 218).


Eine Verbesserung muss immer einen „positiven Effekt“ erzeugen

Eine beitragsfähige Verbesserung liegt dann vor, wenn sich der Zustand der Straße nach der Baumaßnahme in irgendeiner Hinsicht (insbesondere räumlicher Ausdehnung, funktionaler Aufteilung der Gesamtfläche, Art der Befestigung) vom früheren Zustand unterscheidet und die Maßnahme sich positiv auf die Benutzbarkeit auswirkt (OVG LSA, Beschluss v. 21.2.2002 – 2 L 51/00; SächsOVG, Urteil v. 5.4.2006 – 5 B 76/04, ZMR 2007, 233; BayVGH, Urteil v. 18.5.2017 – 6 BV 16.2345, juris). Der neue wird also mit dem alten Zustand der Straße verglichen (OVG NRW, Urteil v. 29.1.2002 – 15 A 2128/00, NVwZ-RR 2002, 871). Eine Verbesserung ist eine bauliche Maßnahme, die die Anlage besser macht als sie vorher war. Sie ist auf einen gegenüber dem ursprünglichen Zustand verkehrstechnisch besseren Ausbau gerichtet (OVG NRW, Beschluss v. 26.9.2017 – 15 B 825/17, juris).


Die Gemeinde entscheidet selbst, ob sie eine Verbesserungsmaßnahme vornehmen will. Deshalb ist ein Einwand, die Straße sei auch ohne Verbesserung ausreichend funktionstüchtig gewesen, unbeachtlich (OVG LSA, Beschluss v. 28.3.2000 – A 2 S 478/98, VwRR MO 2000, S. 364).


Beispiele: Für diese Verbesserungsmaßnahmen fallen Straßenausbaubeiträge an

- Neue Gehwege auf beiden Straßenseiten oder ein Verbindungstunnel zur anderen Straßenseite sind eine deutliche Verbesserung (HessVGH, Beschluss v. 7.5.1985 – V TH 46/81, KStZ 1985, S. 171).

- Ein neuer Gehweg, selbst wenn er etwas schmäler als die Normbreite von 1,50 m ist, kann über Straßenausbaubeiträge abgerechnet werden (OVG NRW, Urteil v. 1.6.1992 – 2 A 660/91, NWVBl 1993, S. 54).

- Selbst wenn auf einem neu angelegten Gehweg Kraftfahrzeuge verkehrswidrig parken, hat dies auf die Beitragsfähigkeit keinen Einfluss (BayVGH, Beschluss v. 22.12.1987 – 6 CS 87.02185; NdsOVG, Urteil v. 7.9.1999 – 9 L 393/99, KStZ 2000, S. 74). Es ist Aufgabe der zuständigen Behörde, diesen Missstand im Rahmen des Ordnungsrechts oder des Straßenverkehrsrechts zu ahnden (VG Münster, Urteil v. 9.11.2016 – 3 K 1814/14, juris).

- Ein Gehweg, der sich nur an einer Stelle wegen einer vorhandenen Hausecke auf ca. 50 cm verschmälert, bleibt insgesamt funktionsfähig und kann abgerechnet werden (OVG NRW, Urteil v. 17.2.1995 – 15 A 1652/91, GemHH 1996, S. 189).

- Wenn in einem Wohngebiet der Gehweg verbreitert und gleichzeitig die Fahrbahn von 5,00 m auf 4,50 m verschmälert wird, liegt wegen der besseren Gehwegsituation eine beitragsfähige Verbesserung vor. Auf der schmäleren Fahrbahn ergeben sich dadurch keine Konflikte im Begegnungsverkehr (Nds. OVG, Urteil v. 19.9.1988 – 9 A 21/87).

- Wird eine Straße umgestaltet, um damit den gegenwärtigen und den in Zukunft zu erwartenden Verkehr besser bewältigen zu können, ist diese Verbesserung beitragsfähig (HessVGH, Beschluss v. 7.5.1985 – V TH 46/81, KStZ 1985, S. 171).

- Wird bei einem Gehweg ein alter Asphaltbelag durch Verbundsteinpflaster ersetzt, ist der Aufwand dann beitragsfähig, wenn entweder der Asphaltbelag abgenutzt war oder der Unterbau verbessert und dabei der Oberflächenbelag ohnehin entfernt werden musste (HessVGH, Beschluss v. 4.4.1995 – 5 TH 1264/93, GemHH 1996, S. 169). Zudem ist eine Pflasterdecke nach heutigen straßenbautechnischen Erkenntnissen einer Bitumendecke unter dem Aspekt einer geringeren Reparatur- und Frostanfälligkeit deutlich überlegen (SächsOVG, Urteil v. 5.4.2006 – 5 B 76/04, ZMR 2007, S. 233).

- Durch einen erstmals angelegten Radweg werden Autofahrer nicht mehr durch langsam fahrende Radfahrer behindert und die Sicherheit der Radfahrer wird wesentlich erhöht. Damit liegt eine Verbesserung vor (OVG NRW, Urteil v. 29.11.1989 – 2 A 1419/87, GemHH 1991, S. 115). Sogar ein nur ca. 1,4 m breiter Radweg kann abgerechnet werden (OVG NRW, Beschluss v. 16.1.2008 – 15 A 3195/07, ZKF 2008, S. 142).

- Das erstmalige Anlegen eines Parkstreifens stellt grundsätzlich eine Verbesserung dar, da die funktionale Aufteilung der Gesamtfläche der Straße durch Schaffung einer zusätzlichen Teilanlage vorteilhaft geändert wird. Die Anlegung von Parkflächen führt zu einer klaren und eindeutigen Trennung von fließendem und ruhendem Verkehr (OVG NRW, Beschluss v. 14.8.2015 – 15 B 730/15, www.openjur.de; HessVGH, Beschluss v. 28.12.2016 – 5 B 2486/16, juris). Wird bei einem Ausbau der Straße die Fahrbahn wegen neu angelegter Parkstreifen verschmälert, liegt keine Verschlechterung der Verkehrssituation, sondern insgesamt eine Verbesserung vor (HessVGH, Beschluss v. 20.7.1993 – 5 TH 2859/90, NVwZ-RR 1994, S. 53).

- Durch den Umbau in eine verkehrsberuhigte Zone gewinnen die Wohnräume an Wohnruhe. Bei gewerblich genutzten Grundstücken können die Fußgänger besser an die Geschäfte gelangen. Diese Vorteile rechtfertigen die Beitragserhebung (OVG Schleswig-Holstein, Urteil v. 24.10.1996 – 2 L 339/95, GemHH 1997, S. 136).

- Baut die Gemeinde zusätzlich zu einem vorhandenen Gehweg auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen weiteren Gehweg, werden zu dieser Verbesserung die Anlieger auf beiden Straßenseiten herangezogen (OVG NRW, Urteil v. 13.12.1990 – 2 A 751/87, GemHH 1992, S. 46).

- Verbesserungen einer Anlage sind auch dann beitragsfähig, wenn die reguläre Nutzungsdauer der alten Anlage noch nicht abgelaufen ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 23.2.2009 – OVG 9 S 53.08).

- Verstärkung des vormals etwa 20 cm starken Fahrbahnaufbaus auf 55 cm und Ersetzen der verschlissenen Asphaltdecke durch Granitpflaster führt zu einer Verbesserung (BayVGH, Beschluss v. 17.3.2017 – 6 CS 17.353, juris). Das gilt auch für eine Stärkung des Straßenoberbaus zur Erhöhung seiner Frostbeständigkeit, so genannte Frostschutzschicht (OVG NRW, Beschluss v. 21.12.2016 – 15 A 847/16, juris).


Unterhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen sind keine Verbesserung

Keine Verbesserung sind solche Straßenbaumaßnahmen, die im Rahmen der laufenden Unterhaltung und Instandsetzung anfallen. Deshalb gehen alle Arbeiten und Kosten, die entstehen, um eine Straße in einem gebrauchsfähigen Zustand zu halten, die Straßenanlieger nichts an. Hierfür zahlt die Gemeinde alleine. „Unterhaltung“ ist ein Sammelbegriff für Maßnahmen kleineren Umfangs und bauliche Sofortmaßnahmen zur Substanzerhaltung von Straßenbefestigungen. „Instandsetzung“ ist ein Sammelbegriff für Maßnahmen, die über das Ausmaß einer Unterhaltungsmaßnahme hinausgehen und keine Erneuerung der Straßenbefestigung darstellen. Zur Instandsetzung gehören z.B. Oberflächenbehandlungen, Erneuerung lediglich von Deckschichten in voller Fahrstreifenbreite mit und ohne Fräsen und ggf. einer Ausgleichsschicht sowie Spurrinnenbeseitigungen in größeren zusammenhängenden Längen (OVG NRW, Beschluss v. 26.9.2017 – 15 B 825/17, juris).


Diese Baumaßnahmen gehen voll auf Rechnung der Gemeinde

- Die Verschleißdecke der Fahrbahn nutzt sich regelmäßig ab. Sie muss auf viel befahrenen Straßen oft schon nach 10 Jahren erneuert werden. Dies ist Instandsetzung und keine Verbesserung (OVG NRW, Beschluss v. 8.10.1999 – 15 A 3305/96, NVwZ-RR 2000, S. 460).

- Wenn aus optischen Gründen ein Asphaltbelag durch Pflaster ersetzt wird, stellt dies lediglich eine Verschönerung, aber keine Verbesserung dar (HessVGH, Beschluss v. 4.4.1995 – 5 TH 1264/93, GemHH 1996, S. 169).

- Ein neuer Gehweg, der durchgängig schmäler als 75 cm ist, gilt als funktionsuntauglich, so dass dafür keine Beiträge erhoben werden können (OVG NRW, Urteil v. 14.6.1994 – 15 A 1011/92, ZFK 1995, S. 13).

- Bei einer nur geringfügigen Verbesserung der Straßenausleuchtung liegt keine beitragsfähige Verbesserung vor (OVG NRW, Urteil v. 28.8.2001 – 15 A 465/99, KStZ 2002, S. 33).


Teilweise besser und teilweise schlechter

Manchmal gibt es Baumaßnahmen, bei denen ein Teilbereich der Straße verbessert und gleichzeitig ein anderer Teilbereich verschlechtert wird. Eine Verbesserung kann so durch eine Verschlechterung wieder kompensiert, also aufgehoben, werden. Dies führt dazu, dass die an und für sich beitragsfähige Verbesserung nicht auf die Anlieger abgewälzt werden kann (OVG NRW, Beschluss v. 1.9.2009 – 15 A 1102/09, ZKF 2009, 262). Eine Vorteilskompensation ist in erster Linie in Betracht zu ziehen, wenn die Ausbaumaßnahme die Funktionsfähigkeit einer Anlage aufhebt oder nicht unerheblich beeinträchtigt. Ein Fall absoluter Verschlechterung liegt vor, wenn die neue Anlage so umgestaltet wird, dass sie ihre Funktion im Vergleich zu dem früheren Zustand überhaupt nicht mehr erfüllen kann. Funktionsunfähig ist eine Einrichtung aber erst, wenn sie im Ganzen absolut ungeeignet ist, die ihr in verkehrstechnischer Hinsicht zugedachte Funktion in der konkreten örtlichen Situation tatsächlich zu erfüllen (OVG NRW, Beschluss v. 17.8.2017 – 15 B 722/17, juris).


Bei diesen Kompensationen zahlen die Anlieger nichts

- Die erstmalige Herstellung von Parkstreifen quer zur Fahrbahn führt im Ergebnis nicht zu einer Verbesserung der Straße, wenn das Ein- und Ausparken den fließenden Verkehr auf der Fahrbahn erheblich behindert (OVG NRW, Urteil v. 21.6.1990 – 2 A 1376/87, GemHH 1991, S. 73).

- Wird ein Gehweg mit neuem Plattenbelag versehen, gleichzeitig aber erheblich verschmälert, wird der verbesserte Belag durch die Verschlechterung der Verkehrsfunktion des Gehwegs kompensiert (OVG NRW, Urteil v. 21.2.1990 – 2 A 2787/86, GemHH 1991, S. 90).

- Entfällt wegen eines neuen Radwegs der Gehweg oder wird dieser so verschmälert, dass er nicht mehr sicher benutzt werden kann, wird die mit der Schaffung der Radwege herbeigeführte Verbesserung durch die Verschlechterung der Gehwegsituation kompensiert (OVG NRW, Urteil v. 29.11.1989 – 2 A 1419/87, GemHH 1991, S. 115).


Diese Kosten rechnet die Gemeinde mit den Anliegern ab

Die Baukosten, man nennt dies den beitragsfähigen Aufwand, rechnet die Gemeinde nach den tatsächlich entstandenen Aufwendungen mit allen Straßenanliegern ab (OVG NRW, Urteil v. 15.2.2000 – 15 A 4167/96, GemHH 2002, 62; OVG Brandenburg, Beschluss v. 18.8.2004 – 2 B 213/04, BauR aktuell 2004, Nr. 12). Zum beitragsfähigen Aufwand gehören neben den Kosten, die im Bereich der Fläche der Anlage angefallen sind, auch sonstige Folgekosten, die durch den Anschluss der ausgebauten Straße an in sie einmündende Straßen entstanden sind (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 31.7.2017 – 9 N 41.14, juris). Erst wenn alle Unternehmerrechnungen vorliegen, entsteht die sachliche Beitragspflicht (BayVGH, Beschluss v. 17.2.2016 – 6 ZB 14.1871, juris). Zum beitragsfähigen Aufwand gehören neben den eigentlichen Straßenbaukosten auch Grunderwerbskosten und das Ingenieurhonorar für die Planung und Bauleitung.

In manchen Bundesländern können anstelle der tatsächlichen Kosten auch kalkulierte Einheitssätze (Durchschnittskosten für vergleichbare Anlagen) angesetzt werden. Das Nähere dazu ergibt sich aus der Beitragssatzung der Gemeinde.

Kosten, die nicht für die Erneuerung bzw. Verbesserung der abgerechneten Anlage entstehen, sondern erst nach dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht anfallen, dürfen nicht dem Ausbauaufwand zugerechnet werden. Das betrifft z.B. das Honorar, das ein extern beauftragtes Büro für die Berechnung und Veranlagung der Beiträge der Gemeinde in Rechnung stellt. Solche Verwaltungsaufgaben haben mit den Baukosten nichts zu tun (BVerwG, Urteil v. 26.1.1979 – IV C 17.76, DÖV 1979, 645; BayVGH, Beschluss v. 26.1.2006 – 6 ZB 03.385, BayVBl 2006, 471).

Sobald alle Unternehmerrechnungen vorliegen und die Aufwendungen erfasst sind, veranlagt die Gemeinde die Straßenausbaubeiträge. Der Einwand eines Beitragsschuldners, der Ausbau sei nicht erforderlich gewesen, ist unerheblich. Die Gemeinde hat ein weites Ausbauermessen bezüglich Art und Weise des Umfangs des Ausbaus (OVG M-V, Beschluss v. 11.11.2010 – 1 M 136/10; OVG NRW, Beschluss v. 12.7.2017 – 15 E 70/17, juris). Die Anlieger haben kein Mitspracherecht über Art und Umfang der Bauarbeiten (OVG NRW, Beschluss v. 14.11.1997 – 15 A 529/95; OVG LSA, Beschluss v. 21.12.2009 – 4 L 137/09). Die Angemessenheit der entstandenen Kosten ist ausnahmsweise nur dann zu verneinen und der Aufwand entsprechend zu kürzen, wenn sich die Gemeinde bei der Vergabe der Aufträge oder der Durchführung einer Baumaßnahme offensichtlich nicht an das Gebot der Wirtschaftlichkeit gehalten hat und dadurch offensichtlich Mehrkosten entstanden sind (BayVGH, Beschluss v. 1.9.2016 – 6 ZB 16.798, juris).

Manche Gemeinden erheben mit Beginn der Baumaßnahmen Vorausleistungen, die mit der endgültigen Beitragsschuld verrechnet werden. Vorausleistungen beruhen auf einer sachgerechten Schätzung der voraussichtlichen Kosten und können bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Beitrags erhoben werden (HessVGH, Beschluss v. 28.12.2016 – 5 B 2486/16, juris).


Die Gemeinde muss einen Teil des Aufwands selbst tragen

Es wäre natürlich ungerecht, die gesamten Baukosten nur auf die Straßenanlieger umzulegen. Denn jede Straße wird nicht nur von den Anliegern, sondern auch von anderen Personen benutzt. Im Gesetz heißt es dazu: Den Anteil der „Allgemeinheit“ trägt die Gemeinde. In der Beitragssatzung muss jede Gemeinde, aufgeteilt nach Straßenarten (z.B. Anliegerstraßen, Hauptverkehrsstraßen) und nach Straßenteilen (Fahrbahn, Gehweg usw.), festlegen, wie hoch der kommunale Eigenanteil ist. Lediglich bei Anliegerstraßen ist eine Differenzierung zwischen den Teileinrichtungen Fahrbahn und Gehweg nicht geboten, aber trotzdem zulässig (OVG LSA, Beschluss v. 18.1.2011 – 4 L 24/10). Für Anliegerstraßen ist ein Anliegeranteil in Höhe von 60 % angemessen (SächsOVG, Urteil v. 31.1.2007 – 5 B 522/06, SächsVBl 2007, 112).


Für die Beitragsveranlagung rechnet die Gemeinde so:

Beitragsfähiger Aufwand (Herstellungskosten)

- Eigenanteil der Gemeinde

= umlagefähiger Aufwand

Nur den umlagefähigen Aufwand kann die Gemeinde auf die Straßenanlieger verteilen.


Wie werden Staatszuschüsse an die Gemeinde berücksichtigt?

Auch wenn die Gemeinde zur Durchführung der konkreten Ausbaumaßnahme öffentliche Fördermittel erhält, vermindert das nicht zwangsläufig den (umlagefähigen) Aufwand und damit die Beitragspflichten der Anlieger. Das wäre nur bei solchen Zuwendungen der Fall, die ihrer Zweckbestimmung nach nicht allein den Gemeindeanteil am beitragsfähigen Aufwand reduzieren, sondern – auch – den Beitragspflichtigen zugutekommen, also zugleich den Anliegeranteil senken sollen (BayVGH, Beschlüsse v. 23.5.2012 – 6 CS 11.2636, juris und v. 8.1.2015 – 6 ZB 13.577, juris; siehe auch Driehaus, in Driehaus: Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 383 f. m.w.N.). Üblicherweise sind öffentliche Zuwendungen an Gemeinden für konkrete Straßenbaumaßnahmen nur zur Deckung solcher Kosten bestimmt, die gerade nicht – insbesondere durch die Erhebung von Beiträgen – abgewälzt werden können (etwa zur Förderung gemäß Art. 13c Abs. 1 BayFAG und Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 5 BayGVFG: Nr. I.6.3.1.4 der Richtlinien für Zuwendungen des Freistaates Bayern zu Straßen- und Brückenbauvorhaben kommunaler Baulastträger – RZStra – vom 12.1.2007, AllMBl S. 4, geändert durch Bek. vom 10.11.2008, AllMBl S. 707; BayVGH, Beschluss v. 8.1.2015 – 6 ZB 13.577, juris).

Ob Zuschüsse beitragsmindernd sein sollen oder nur den Gemeindeanteil decken, ergibt sich aus den Zuschussrichtlinien (VG Ansbach, Beschluss v. 20.1.2010 – AN 18 S 09.02203, juris; VG Schwerin, Urteil v. 21.7.2016 – 4 A 21/13, juris; VG Münster, Urteil v. 9.11.2016 – 3 K 1814/14, juris).


Der Verteilungsmaßstab ergibt sich aus der Satzung

Aus der Straßenausbaubeitragssatzung der Gemeinde ergibt sich der genaue Verteilungsmaßstab. Das kann die Grundstücksfläche oder die zulässige Nutzungsfläche sein. Die zulässige Nutzungsfläche eines Grundstücks errechnet sich nach der Formel: Grundstücksfläche multipliziert mit einem Nutzungsfaktor, der von der Anzahl der auf dem Grundstück zulässigen Vollgeschosse abhängig ist.

Für Eckgrundstücke, die an mehr als eine Anliegerstraße angrenzen, kann in der Satzung eine Ermäßigung vorgesehen werden. Die Einräumung einer Eckgrundstücksvergünstigung liegt im Ermessen des Satzungsgebers (NdsOVG, Urteil v. 25.8.1982 – 9 A 142/80, Die Gemeinde 1983, 49). Es ist zulässig, die Vergünstigung nur auf die Wohnbebauung zu beschränken (OVG SH, Urteil v. 9.2.2017 – 2 LB 22/16, juris). Weil die gewerbliche Nutzung eines Grundstücks typischerweise einen verstärkten Verkehr verursacht, haben solche Grundstücken aus der Baumaßnahme einen größeren Vorteil, weshalb die Satzung bei gewerblicher Nutzung die Eckgrundstücksvergünstigung ausschließen kann (BayVGH, Beschluss v. 18.2.2008 – 6 CS 07.3172, juris).


Die erschlossenen Grundstücke

Erschlossen und damit beitragspflichtig sind alle Grundstücke, die an die Verkehrsanlage angrenzen und die eine Möglichkeit haben, diese Anlage zu nutzen. Eine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit liegt schon vor, wenn an das Grundstück mit Kraftfahrzeugen herangefahren werden und es von da aus betreten werden kann (BayVGH, Urteil v. 8.3.2010 – 6 B 09.1957; OVG LSA, Beschluss v. 19.1.2009 -4 M 13/09). Sofern ein Grundstück wegen eines vom Grundstückseigentümer selbst errichteten Hindernisses (Gebäude, Zaun, Mauer) nicht betreten werden kann, liegt ein beitragsrechtlicher Vorteil trotzdem vor, solange es ein vernünftig denkender Eigentümer in der Hand hat, das Hindernis unter zumutbarem Aufwand zu beseitigen (SächsOVG, Urteil v. 14.3.2018 – 5 A 184/15, juris; OVG LSA, Beschluss v. 19.1.2009 – 4 M 13/09).


Beitragspflichtig ist der Grundstückseigentümer

Den Beitragsbescheid schickt die Gemeinde immer an den Grundstückseigentümer; juristisch nennt man das den Beitragspflichtigen. Im Falle von Wohnungs- oder Teileigentum bekommt jeder Miteigentümer einen eigenen Beitragsbescheid, jeweils bezogen auf seinen Miteigentumsanteil. Sofern am Grundstück ein Erbbaurecht besteht, wird der Erbbauberechtigte herangezogen.

Zahlungspflichtig ist, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheids als Eigentümer oder Erbbauberechtigter im Grundbuch eingetragen ist.


In fünf Bundesländern sind auch wiederkehrende Beiträge möglich und in einem Bundesland verpflichtend

Der Straßenausbaubeitrag ist grundsätzlich ein einmaliger Beitrag für eine bestimmte Straßenbaumaßnahme. Allerdings können die Gemeinden in Hessen, in Niedersachsen, im Saarland, in Sachsen-Anhalt und in Schleswig-Holstein stattdessen auch wiederkehrende Beiträge erheben. In Rheinland-Pfalz wurden die wiederkehrenden Beiträge mit Gesetz vom 5.5.2020 verpflichtend eingeführt; dort sind einmalige Straßenausbaubeiträge für Verkehrsanlagen nicht mehr möglich. Ausnahme gelten nur noch bis 31.12.2023.

Bei den wiederkehrenden Beiträgen werden alle jährlichen Investitionsaufwendungen für Straßen auf ein bestimmtes Abrechnungsgebiet oder auf alle Grundstücke in der Gemeinde umgelegt. Es spielt dabei keine Rolle, ob ein Grundstück an der ausgebauten Straße liegt. Fallen in einem Jahr keine Aufwendungen an, entfallen natürlich auch die wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge.

Weitere Erläuterungen zu den wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen gibt es hier


Fälligkeit des Beitrags innerhalb eines Monats

Im Beitragsbescheid muss die Gemeinde die Beitragsberechnung nachvollziehbar erläutern. Innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe des Bescheids wird der Betrag dann zur Zahlung fällig.


Jeden Bescheid kann man anfechten

Wie sich aus der Rechtsbehelfsbelehrung am Ende des Bescheids ergibt, kann man den Bescheid innerhalb eines Monats anfechten. Sonst wird der Beitragsbescheid unanfechtbar und vollziehbar.


Der Widerspruch – in Niedersachsen wurde das Widerspruchsverfahren abgeschafft und man muss sofort Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht erheben; in Bayern gilt ein fakultatives Rechtsbehelfsverfahren mit der Wahlmöglichkeit Widerspruch oder sofortige Klage – hat nach § 80 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Deshalb wird der angeforderte Betrag innerhalb eines Monats zur Zahlung fällig. Wer nicht rechtzeitig zahlt, riskiert Säumniszuschläge, die pro angefangenem Monat immerhin 1 % betragen (im Jahr also 12 %). Sollte das Rechtsmittel letztlich erfolgreich sein, bekommt man die gezahlten Beiträge selbstverständlich wieder zurück.


Beispiel für die Berechnung des Straßenausbaubeitrags

Bezogen auf einen angenommenen Beitragssatz in Höhe von 5,00 € könnte die Beitragsberechnung wie folgt aussehen:


Grundstücksfläche: 600 m²

Bebauung: 4 Vollgeschosse

Nutzungsfaktor: 1,75


Berechnung:

600 m² x 1,75 = 1.050 m² Beitragsfläche

1.050 m² x 5,00 € = 5.250 € Beitrag.


Kein Verzicht auf Straßenausbaubeiträge

Wenn die Gemeinde gesetzlich zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verpflichtet ist oder sie sich nach landesrechtlicher (Kann-)Regelung dafür entschieden hat, ist ein Beitragsverzicht nur in engen Grenzen zulässig. Das ergibt sich einerseits aus dem Beitragserhebungsgebot und andererseits aus der Gesetzesgebundenheit der Verwaltung nach Art. 20 Abs. 3 GG und dem Gebot der Gleichmäßigkeit der Abgabenerhebung nach Art. 3 Abs. 1 GG. Danach ist ein Beitragsverzicht in Abweichung von den gesetzlichen Regelungen grundsätzlich nicht möglich. Ein Beitragserlass ist nur in den engen Grenzen des § 227 AO zulässig. Möglich ist auch ein Vergleichsvertrag nach § 55 VwVfG, dem allerdings eine Gegenleistung zu Grunde liegen muss (OVG NRW, Beschluss v. 21.3.2017 – 15 A 2153/16, juris).


Straßenausbaubeiträge können nicht auf die Mieter umgelegt werden

Die einmaligen Straßenausbaubeiträge kann der Vermieter weder als Betriebskosten auf die Mieter umlegen, noch geben sie Anlass zur Mieterhöhung. Welche Kosten als Betriebskosten umlegbar sind, ergibt sich aus der Betriebskostenverordnung und den Vereinbarungen im Mietvertrag. Näheres steht hier...


Aber auch wiederkehrende Straßenausbaubeiträge dürfen nicht an die Mieter weitergegeben werden. Solche regelmäßig anfallende Beiträge sind nämlich keine grundstücksbezogenen steuerlichen Lasten, sondern führen im Ergebnis zu einer Qualitätserhöhung des Grundstücks (AG Greiz, Urteil v. 13.7.1998 – 4 C 247/98, WM 1999, 133).


Vermieter können die Straßenausbaubeiträge als Werbungskosten geltend machen

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 und § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 EStG können Vermieter die Straßenausbaubeiträge in ihrer Einkommensteuererklärung bei den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten geltend machen. Werbungskosten sind nämlich alle Aufwendungen, bei denen „objektiv ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung besteht und die subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden“ (BFH, Urteil v. 8.12.1992 – IX R 68/89, BStBl II 1993, 434). Zu den Werbungskosten zählen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 EStG auch öffentliche Abgaben, soweit sie sich auf Gebäude oder auf Gegenstände beziehen, die dem Steuerpflichtigen zur Einnahmeerzielung dienen (BFH, Urteil v. 16.7.1996 – IX R 55/94).



Rechtsprechungs-Übersicht: Werbungskosten

1. Ersetzen oder Modernisieren vorhandener Erschließungsanlagen

Straßenausbaubeiträge, die Grundstückseigentümer für die Ersetzung oder Modernisierung bereits vorhandener Erschließungseinrichtungen entrichten müssen, sind, sofern das Grundstück in seiner Substanz und seinem Wesen unverändert geblieben ist, nicht beim Grund und Boden zu aktivieren, sondern als Werbungskosten sofort abzuziehen, und zwar auch dann, wenn dadurch der Wert des Grundstücks gestiegen sein sollte (BFH, Urteil v. 2.5.1990 – VIII R 198/85, BStBl II 1991, 448).

2. Bei unveränderter Grundstücksnutzung

Ausbaumaßnahmen, die den bestehenden Zustand lediglich zeitgemäß technisch verbessern, verändern ein Grundstück weder in seiner Substanz noch in seinem Wesen. Wenn sich also die Nutzbarkeit des Grundstücks nicht von der Situation vor dem Straßenausbau unterscheidet, stellen die Beiträge sofort abziehbaren Erhaltungsaufwand dar (BFH, Urteil v. 12.1.1995 – IV R 3/93, BStBl II 1995, 632). Beispiel: Die Gemeinde ersetzt einen Pflasterbelag durch einen Asphaltbelag. Diese Baumaßnahme führt zu keiner anderen Erschließungssituation. Folge: Straßenausbaubeiträge sind Werbungskosten.

Vor allem in den neuen Bundesländern ist dies von Bedeutung. Dort sind die meisten Straßen erschließungsbeitragsrechtlich „vorhanden“, auch wenn sie teilweise in einem erbärmlichen Zustand sind. Für deren Modernisierung oder Erneuerung können die Gemeinden nach den Kommunalabgabengesetzen Straßenausbaubeiträge erheben. Zweifellos sind diese Beiträge sofort absetzbare Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung.

3. Schaffung einer verkehrsberuhigten Zone

Der Eigentümer eines bereits durch eine Straße erschlossenen Grundstücks kann nachträgliche Straßenausbaubeiträge, die eine Gemeinde für die bauliche Veränderung des Straßenbelags und der Gehwege zur Schaffung einer verkehrsberuhigten Zone erhebt, als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung absetzen (BFH, Urteil v. 22.3.1994 – IX R 52/90, BStBl II 1994, 842).

4. Schaffung einer Fußgängerstraße

Der Eigentümer eines bereits durch eine Straße erschlossenen Grundstücks kann nachträgliche Straßenausbaubeiträge, die eine Gemeinde für die bauliche Veränderung der Gehwege zur Schaffung einer Fußgängerstraße erhebt, als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung absetzen (BFH, Urteil v. 22.3.1994 – IX R 109/90, NJW 1995, 1112).


Der private Grundstückseigentümer kann steuerlich nichts absetzen
Ein Grundstückseigentümer, der kein Vermieter ist, konnte nach dem Urteil des FG Nürnberg v. 24.6.2015 – 7 K 1356/14 die in den Straßenausbaubeiträgen enthaltenen Lohnkosten gemäß § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG als haushaltsnahe Handwerkerleistungen steuerlich geltend machen. Dieses Urteil wurde rechtskräftig. Allerdings ist eine steuerliche Absetzungsmöglichkeit jetzt trotzdem nicht mehr möglich. Das Bundesfinanzministerium hat in seinem Anwendungserlass zur Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen vom 9.11.2016 festgelegt, dass Straßenausbaubeiträge nicht als haushaltsnahe Handwerkerleistungen geltend gemacht werden können. Der Erlass ist hier nachzulesen. Das FG Berlin-Brandenburg (Urteil v. 25.10.2017 – 3 K 3130/17) und das FG Rheinland-Pfalz (Urteil v. 18.10.2017 – 1 K 1650/17) haben entschieden, dass Straßenausbaubeiträge steuerlich nicht als Handwerkerleistungen berücksichtigt werden können.

Auch eine steuerliche Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG ist ausgeschlossen (BFH, Beschluss v. 24.3.2009 – VI B 133/07).

Rechtsprechungsübersicht
Wichtige obergerichtliche Urteile aus den Jahren 2013-2015 stehen hier...
Neue Urteile aus den Jahren 2016-2017stehen hier...
Neue Urteile aus den Jahren 2018-2020 stehen hier...



Rechtsstand 5.4.2022

© IKV Erwin Ruff



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